Nur den Anschluss nicht verpassen!

Wir leben heute in einer ziemlich fordernden Welt. Sie ist eine, die nicht nur nach größtmöglicher Perfektion ihrer Mitbewohner (oder: Untertanen?) verlangt, sondern auch noch vorgibt zu wissen, wie diese genau auszusehen hat.

Auch behauptet das kollektive Bewusstsein dieser modernen Welt zu wissen, was ein „Fehler“ sei. Und was nicht. Und natürlich haben wir unsere Fehler gefälligst auszumerzen. Ob das nun unser Haar-, Bauch- oder Denkansatz ist. Kurz: Wir stehen permanent unter Perfektionierungsdruck.
Ob wir nun einen Job suchen, oder bereits einen haben. Wir haben nach Perfektion zu streben, das Bestmögliche aus uns und unserem Leben zu machen. Jede Karrierechance zu nutzen. Unter Myriaden von Möglichkeiten jederzeit die beste herauszupicken. Jede Minute Entscheidungen zu treffen. Aber die richtigen bittschön!

Unser gesamtes Umfeld hat da durchaus ein Auge auf uns. Und umgekehrt.

Das macht Stress. Verunsichert. Behindert den Aufbau eines stabilen Selbstbewusstseins. Wie bitte? Sind wir heut nicht alle ach so selbstbewusst? Vielleicht haben wir auch nur gelernt tunlichst so auszusehen als ob. Immerhin wissen wir ja, dass das heute quasi ins Anforderungsportfolio gehört. Im Zweifelsfall legt sich so manch einer eine Maske zu. Wichtig gucken gewinnt.

Auch Darwins „Survival of the fittest“ heißt nicht etwa übersetzt „Überleben des Stärksten“ sondern des Angepasstesten. Derjenige überlebt, „who fits like a glove“, also der, der wie ein weicher Handschuh auf’s Händchen gleitet.

Wer ständig im Außen nach Signalen suchen muss, ob er (oder sie) denn nun den aktuell die Runde machenden Ansprüchen genügt, dem bleibt nur wenig Zeit für ein sich selbst-bewusst-sein (oder werden). Dazu braucht es nämlich Muße. Vor allem die, sich mal selbst beim Denken zuhören zu dürfen. Beim Fernsehen wird das nix. Bisweilen könnte es einem vorkommen, als wüssten wir kaum noch wer und wie wir eigentlich sind. Dafür umso besser, wer und wie wir sein sollten!

Diese (über)fordernde Lebensweise macht auch vor Beziehungen nicht halt. Wie auch? Sie finden schließlich nicht im luftleeren Raum statt, sondern mittenmang, in unserer Maximierungsgesellschaft.

Und was braucht man am dringendsten für eine beglückende Beziehung?

Ein Mindestmaß an Entspannung durch das Vorhandensein eines stabilen Selbstbewusstseins. Wie soll man sich ohne ein solches denn trauen, sich überhaupt einem anderen Menschen offen, und mit allen seinen Ecken und Kanten, zuzumuten?

Dazu braucht es nun mal ein Selbstbewusstsein, das eben nicht von den eigenen, sich im Laufe eines Tages ändernden Gefühlen oder der Anerkennung der Umwelt abhängt. Eines, das sicher weiß, dass ein Mensch erst dadurch ein „perfekter Mensch“ ist, dass er Unzulänglichkeiten hat. Eines, dem glasklar ist, dass man nicht erst ein „Elite-Partner“ sein muss, um liebenswert und geliebt zu sein.

Ist ein neugeborenes Baby perfekt? Aber sowas von! Kann es bereits alles, was es einmal können wird? Nö, fast nix davon. Nur lachen, weinen, strampeln, – und sich ständig weiter entwickeln. Wodurch?

Durch Imitieren seiner Mitmenschen. Vor allem aber durch Versuch und Irrtum. Einen nach dem anderen.

Also lassen Sie uns hingehen und Fehler machen. Viele. Nur aus ihnen lernen wir. Lassen Sie uns etwas lauter auf’s Kaputtoptimieren unserer selbst pfeifen. Und lassen Sie uns dasselbe auch unseren Partnern und Partnerinnen zugestehen. Statt sie ständig perfektionieren zu wollen.

Um eine glückliche Beziehung zu erleben ist allein das nämlich bereits die halbe Miete! Was im Grunde doch bereits eine ziemlich „gute Nachricht“ ist. 😉


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