Zerbrechlich (1)

Heute mal ein Beitrag meiner Coaching-Kollegin und Autorin Beatrice Roth in Form einer Leseprobe aus ihrem Roman „Aufbruch“.  Darin thematisiert sie das Thema Depression aus Sicht einer Betroffenen. Eindrücklich beschreibt sie, wie sich diese auf Partnerschaft und Familienleben der Protagonistin auswirkt.

Ein Einblick von innen also.


 

 

In diesen Wochen waren schlechtes Gewissen und der Wunsch, sich von allem zurückzuziehen in ständigem Widerstreit miteinander. Wenn sie von der Arbeit nach Hause kam und die Kinder sie regelrecht überfielen mit ihren Mama-Sätzen – „Mama, ich brauche Geld für die Schule!“ „Mama, kannst Du mir die Arbeit unterschreiben!“ „Mama, meine Sportschuhe sind mir zu klein!“ usw. – dann war sie so genervt von den Ansprüchen, die an sie gestellt wurden, dass sie am liebsten losgeschrien hätte. Nur das schlechte Gewissen den Kindern gegenüber, die ja nun wirklich nichts für ihre Probleme konnten, hielt sie von heftigen Ausbrüchen ab.

Diese Zurückhaltung war wie ein Dampfkochtopf in ihr, der jeden Moment hochgehen konnte. Noch im Mantel so überfallen zu werden, hasste sie und entsprechend schlecht gelaunt war sie schon, bevor sie richtig zuhause angekommen war. Aber dagegen angehen konnte sie auch nicht. Das hatten die Kinder nicht verdient und sie brauchten ja auch ihre Zuwendung. Aber sie wünschte sich trotzdem manchmal, die Kinder würden so bald wie möglich erwachsen werden und ausziehen – und sofort schimpfte sie mit sich selbst und fühlte sich wie eine miserable Mutter. Vor allem mit Bella wollte sie es ganz besonders richtig machen und sie fühlte sich einfach beschissen, wenn sie mit Bella aneinander geriet, was nicht selten vorkam.

Das was sie mit Luke einigermaßen hinter sich hatte, kam bei Bella – verstärkt durch deren Temperament – noch mal ganz dicke auf sie zu. Bella wurde bockig, launisch und frech. Das in Kombination mit ihrer depressiven Stimmung war eine gefährliche Mischung und es gelang ihr leider nicht immer, sich so zusammenzureißen, dass die Diskussionen mit dem Mädchen nicht eskalierten. Sie fühlte sich schlecht und unfähig nach solchen Auseinandersetzungen und stellte ihr Muttersein komplett in Frage.

Trotzdem litt sie unter den Übergriffen der Kinder, die manchmal wirklich keine Grenzen kannten. Aber Kinder waren nun mal so. Das musste man als Mutter eben aushalten, davon war sie überzeugt. Nur manchmal hielt sie es nicht aus, zum Beispiel wenn sie nicht einmal in Ruhe aufs Klo gehen konnte, ohne von Mama-Sätzen verfolgt zu werden, oder wenn sie telefonierte und ständig einer etwas von ihr wollte. Dann platzte ihr manchmal doch der Kragen, wofür sie sich dann tränenreich entschuldigte.

Ihre Stimmung wurde in dieser Familiensituation nicht besser, auch wenn sie um Fröhlichkeit bemüht war, es gelang ihr nicht. Die Situation in ihrer Beziehung hatte sich nicht verändert. Es herrschte so eine Art gegenseitiges gewähren lassen, ohne dass es zu einem Gespräch oder zur Annäherung kam. Sie tat auch alles um einem Gespräch aus dem Weg zu gehen, sie hätte nicht mehr gewusst, was sie ihm sagen sollte. In ihr war nur noch eine tiefe Sprachlosigkeit.

Sie spürte, dass er gerne mit ihr gesprochen hätte, aber wenn er im Haus war, fuhr sie entweder zum Sport oder zu Domino oder sie nahm sich größere Aufräumarbeiten im Haus oder Keller vor.

Am liebsten war sie für sich alleine und räumte auf. Als ob sie ihre innere Unordnung mit äußerer Ordnung kaschieren wollte. Es war jedenfalls die einzige Möglichkeit für sie, sich einigermaßen zufrieden zu fühlen.

Aber wenn eine Aufgabe geschafft war, ein Regal ausgemistet oder ein Schrank neu geordnet war, dann fiel sie wieder in ihr schwarzes Loch. Also suchte sie sich die nächste Betätigung. Sie empfand es als glücklichen Umstand, dass die Gartensaison langsam anfing und sie fing an, alte Blumentöpfe für den Flohmarkt auszusortieren und ihre Gartengeräte zu säubern.

Mitte März – man hatte schon eine leichte Ahnung von Frühling, was ihre Laune jedoch keineswegs verbesserte – kam er an einem Freitagnachmittag unerwartet früh nach Hause und sie hatte keine Chance mehr ihm auszuweichen.

Seit ihrem Rotwein-Absturz herrschte eine Stimmung im Haus, die man von außen sicher als normal bezeichnen konnte, aber er spürte Kühle und vor allem ein stetiges Ausweichen von ihr. Jede Situation, in der sie beide womöglich alleine sein konnten, schien sie zu vermeiden. Wenn er abends fernsah, verfiel sie in hektische Aktivität. Entweder hatte sie irgendwas im Haushalt oder Garten zu tun oder sie ging zum Sport oder zum Reiten. Es hätte ihn ja gefreut, dass sie sich wieder mehr um ihr Pferd und vor allem um ihre eigenen Bedürfnisse kümmerte, wenn ihre Stimmung dadurch besser geworden wäre.

Aber sie lächelte immer weniger, sie sah ständig müde und abgespannt aus und wurde – offensichtlich nicht nur durch den Sport – stetig dünner. Aber obwohl sie so lange an ihrem Gewicht rumgemeckert hatte und sie bald in ihre frühere Kleidergröße passen würde, machte sie das auch nicht zufriedener. Ihre Figur war toll, aber sie hatte ihr Strahlen verloren. Dieser Ausdruck tiefer Zufriedenheit mit sich und der Welt, den sie ausstrahlte, als er sie kennenlernte. Es war damals fast so etwas wie eine Aura um sie, wie ein Leuchten, das den Blick magisch anzog.

Seit siZerbrechliche zusammengezogen waren, war aus diesem Strahlen erst ein Leuchten und dann nur noch ein Glimmen geworden. Sie verlosch sozusagen vor seinen Augen und er sah nur noch das Dunkle und Traurige in ihr. Natürlich stellte er sich die Frage, ob das zeitliche Zusammentreffen von gemeinsamer Wohnung und ihrem Abrutschen eine Rolle spielte, ob das gemeinsame Leben verantwortlich dafür war und ob sie Abstand benötigte, um Nähe zulassen zu können.

Aber er fand keine Antwort und eine Gelegenheit, wirklich mit ihr zu reden, bot sie ihm nicht an.

Sie rannte förmlich vor ihm weg, als ob sie sich absolut im Klaren darüber war, dass er nur auf eine Situation lauerte, in der er ein Gespräch beginnen konnte.

Jede nur erdenkliche Arbeit im Haus fing sie an. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie demnächst mit Wattestäbchen die Steckdosen gereinigt oder die Fensterrahmen mit einer Zahnbürste geschrubbt hätte, nur um nicht unbeschäftigt zu sein und womöglich mit ihm reden zu müssen. Abends ging sie vor ihm ins Bett und sie schlief schon, wenn er ins Bett kam – oder sie tat so. An ihrem Atem hörte er manchmal, dass sie keineswegs schlief, aber am späten Abend im Bett noch ein intensives Beziehungsgespräch und damit womöglich einen Streit vom Zaun zu brechen, hielt er für keine gute Idee… [weiter lesen]


Haben Sie sich selbst in Teilen der Geschichte wiedererkannt? Dann finden Sie die dringen nötige Unterstützung für sich selbst und Ihre Partnerschaft unter www.ankeenders.com.


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[Teil 1] Wünschen Sie noch oder leben Sie’s schon?

Gute Vorsätze? Derer gibt es gar viele. Nicht nur – aber besonders – zu Beginn eines neuen Jahres. Wenn wir mal hemmungslos ehrlich sind… scheitern leider die meisten. Das Ende vom Lied: Nach wenigen Tagen ist alles beim Alten. Was bleibt, sind Frustration und ein schlechtes Gewissen. Doch woran liegt’s eigentlich, dass wir so wenig vom Erhofften auch tatsächlich in die Tat umsetzen?

In der Hauptsache daran, dass wir Gewohnheitstiere sind. Gewohnheiten auszubilden ist unsere Art körperliche und geistige Energie zu sparen. In dem wir nur ein bereits gut eingefahrenes Programm abspulen müssen. Würden wir über jede Verhaltensweise erst stundenlang nachdenken müssen, kämen wir aus dem Denken nicht mehr heraus. Und keinen Millimeter vom Fleck. Auch nich so toll, oder?

Wenn es allerdings schädliche Gewohnheiten sind, wäre es ja ziemlich sinnvoll sie fix wieder loszuwerden. Da wäre neues (also un-gewohntes) Denken eine sehr feine Sache. Für den Erfolg guter Vorsätze ist genau das sogar unumgänglich.

Wenn man die häufigsten Saboteure guter Vorsätze kennt, kann man sie effektiver ausschalten. Schauen wir uns also mal näher an, was gewöhnlich deren Umsetzung recht zuverlässig vereitelt.

Hinkefuss #1: Das Ziel ist gar nicht das eigene.

Sie möchten nur Erwartungen Anderer Erfüllen? Sie wollen abnehmen, weil Sie glauben oder wissen, dass Ihr Partner das gern hätte? Ihre Partnerin hätte gern, dass Sie mit dem Rauchen aufhören, „endlich wieder Sport treiben“ oder „ein verständnisvollerer Partner werden“? Eigener Antrieb (und eigenes Problembewusstsein) ist jedoch kaum vorhanden?

Vergessen Sie’s. Ziele erreicht man nur, wenn es auch tatsächlich die eigenen sind, wenn man quasi dafür „brennt“, etwas eine starke Anziehungskraft für einen hat – den bekannten „Haben-Wollen-Effekt“.

Was Sie (mit sich und für sich) selbst ganz unbedingt erreichen wollen, können Sie auch schaffen. Wenn Ihr Weg und Ihr Ziel zusammen passen. Nur vor dem Nörgeln anderer weglaufen zu wollen, liefert hingegen keine ausreichende Motivation. ;-)))

Damit will ich keinesfalls sagen, dass man sich nicht bemühen sollte, die Wünsche des Partners oder der Partnerin zu berücksichtigen. Sollte man. Unbedingt. Nämlich genau so weit, wie die eigenen Wünsche mit denen des Anderen einigermaßen zu vereinbahren sind. Etwas tun, dass einem selbst absolut verhasst ist? Das den eigenen Werten völlig wiederspricht? Nur, weil der oder die PartnerIn es von einem will? Das rächt sich meist. Und hinterher fragen beide sich, wo diese unterschwellige Gereiztheit und Zickigkeit nur plötzlich her kommen.

Ganz klar: Wer sich selbst im Stich lässt, wird auf Dauer ungemütlich.

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